Die Aarbergerin Martina Zürcher mit ihrem Mann Dylan Samarawickrama vor der Holzbrücke. Das Abenteuer ihres Lebens ist nicht zuletzt auch die Liebe zueinander. Text/Foto: Markus Nobs/BT.
Das Urvertrauen in sich selbst und sein grosser Traum haben Dylan in das Abenteuer seines Lebens geführt. Dreieinhalb Jahre lang umrundete er die Welt mit einem Motorrad. Seine Frau Martina und er beeindruckten die Aarbergerinnen und Aarberger mit ihrer Reise-Show. Dabei stellten sie auch ihr neues Buch vor.
«Es ist das erste Mal, dass wir eine Veranstaltung ausgebucht haben» strahlt Elisabeth Berger, die Leiterin der Aarberger Gemeindebibliothek. Bereits Tage zuvor konnte sie den Hinweiszettel an die Eingangstüre hängen, dass für die Reise-Show von Dylan Samarawickrama und Martina Zürcher alle Plätze vergeben seien. Und für die Anwesenden hat sich der Besuch mehr als gelohnt: Es sind nicht einfach Bilder einer gewöhnlichen Reise, die Dylan heute Abend zeigt. Es ist die eindrückliche Präsentation eines Abenteuers, wie man es heute kaum erleben kann. Auf seiner mehrjährigen Weltreise mit einem grossen Motorrad habe er sein Leben so intensiv gespürt wie niemals zuvor, freut sich Dylan, als er den Anwesenden davon erzählt.
Alles andere als erfreulich verlief die Kindheit von Dylan. Er, der heute Schweizer ist, wuchs zusammen mit drei Brüdern in Sri Lanka auf. Als er sechs Jahre alt war, wurde sein Vater durch Räuber umgebracht. Seine alleinerziehende Mutter Brigitte gab ihm ganz offensichtlich den Mut fürs Leben mit auf den Weg. «Sie hat mit 27 Jahren ihren Mann verloren und ganz alleine vier Kinder grossgezogen». Die Bewunderung in Dylans Stimme ist nicht zu überhören. «Trotzdem, dass sie jeden Tag zwischen zehn und zwölf Stunden arbeitete, konnte sie nicht genug Geld verdienen». Das hat ihn fürs Leben geprägt.
Mit seinem Motorrad auf die lang ersehnte Weltreise gestartet ist Dylan schliesslich im beschaulichen Glarnerland, wo er zuvor als Automechaniker gearbeitet hatte. Davon zeugt auch das Glarner Nummernschild an seiner Maschine, einer BWM 1150 GS, welches immer wieder auf den Bildern und Kurzvideos von überall auf der Welt zu sehen ist. «Einmal um die Welt», das war mein Ziel, so Dylan.
Nach drei Jahren schien sein Traum jedoch abrupt zum Stehen zu kommen. Dann nämlich, als er realisieren musste, dass die berühmte Panamericana, die Strecke, welche von Norden nach Süden über beide amerikanische Kontinente führen sollte, in Panama durch einen mehrere hundert Kilometer langen Dschungel unterbrochen wurde. «Es gab dort keine Strassen, die weiterführten» und so sei er buchstäblich «am Ende der Strasse» angelangt. So lautet auch der Titel des Buchs von Martina und Dylan, für welches die beiden derzeit auf Werbetour sind.
«Ich baue alles selbst und repariere auch alles» strahlt der Abenteurer über das ganze Gesicht, als er dem Publikum davon erzählt, wie er sich von seinen Plänen, die Welt zu umrunden, auch in Panama abermals nicht aufhalten liess. «Dann baue ich mir halt ein Floss und fahre über den Ozean, um nach Kolumbien zu gelangen», sei er bald zum Entschluss gekommen. Nach umfangreichen Vorarbeiten gelang das Vorhaben schliesslich: Seinem BMW entfernte er beide Räder und setzte ihn als Motor für das Floss ein, welches aus einer Vielzahl von zusammengeschweissten Oelfässern und aus Bambusstangen bestand. Nach vielen Irrfahrten über den Ozean und durch starke Strömungen immer wieder in die falsche Richtung getrieben, strandete er schliesslich sechs Wochen später in einem kolumbianischen Dorf, wo ihn Militärangehörige freundlich empfingen und ihm halfen, ja sogar ihr Essen mit ihm teilten.
«Das Leben sollte man leben wie ein Abenteuer» ist Dylan überzeugt. Denn jeder könne ein Floss bauen und aufbrechen, um seinen Traum zu verwirklichen. «Auch wenn euch irgendwann die Strömung abtreibt und ihr vielleicht die Kontrolle verliert, werden plötzlich wieder Delphine mit euch schwimmen und euch auf den richtigen Kurs zurückbringen».
Unter den Anwesenden ist es derweil ganz still geworden. Viele denken dabei wohl an die eigenen Träume, welche sie in ihrem Leben verwirklichen wollten und ob die Zeit dazu ausreichend wäre, dies jetzt noch zu tun. Dylan hat ihnen nicht einfach nur von seiner Reise erzählt, er hat ihnen direkt ins Herz gesprochen und gezeigt, dass ein Mensch eigentlich sehr wenig dazu braucht, um sein Glück zu finden. Dann nämlich, wenn er seine eigenen Träume auch leben kann.
NACHGEFRAGT
Wo und wie habt ihr beide euch kennengelernt?
Wir haben uns natürlich beim Reisen kennen gelernt. Dylan war auf seiner grossen Weltreise und das Motorrad hatte eine Panne, so war er ungewollt in einem indischen Dorf gestrandet. Martina hatte ein Semester ihres Studiums in Indien verbracht und war nach Semesterende geblieben, um das Land zu bereisen und die Freunde aus dem Studium zu besuchen. Per Zufall besuchten wir zur selben Zeit den selben Tempel, kamen ins Gespräch und reisten danach die restliche Zeit bis zu Martinas Abflug zusammen weiter.
Ist eure Liebe zueinander auch mit einem Abenteuer vergleichbar oder ist sie eher der sichere Hafen oder die Ruheinsel für euch beide?
Zu Beginn war es sicherlich ein Abenteuer. Dylan reiste weiter und ich ging ihn fast alle sechs Monate irgendwo auf der Welt besuchen. Indien, Kambodscha, Australien, USA, Costa Rica und Argentinien haben wir gemeinsam bereist. Da wir das Leben grundsätzlich als Abenteuer sehen und sehr den Moment leben, ist unser Alltag immer noch ein Abenteuer. Wir haben aber ineinander ein zu Hause gefunden. Wo auch immer wir sind: gemeinsam fühlen wir uns überall zu Hause. Und so ist das dauernde Unterwegs sein für uns keine Strapaze, sondern das Beste, was es gibt.
Dylan, woher nimmst du diesen Mut, dieses Vertrauen in dich selbst, dass du solche Abenteuer wagst?
Ich denke, dieses Urvertrauen, dass alles gut kommt, habe ich meinem Optimismus zu verdanken. Ich glaube immer an das Positive. Wenn man ein Optimist ist, dann ist es auch viel einfacher, an seine Fähigkeiten zu glauben. Viel zu viele Menschen sehen immer alles negativ und werden darin bestätigt, weil dann was Schlechtes passiert. Gedanken ziehen Dinge an, davon bin ich überzeugt. Ich habe nie daran gezweifelt, dass es möglich ist, mit dem Floss nach Kolumbien zu fahren. Und auch auf die restliche Reise hin bezogen: Ich habe vor meiner Abreise nicht darüber nachgedacht was alles schiefgehen könnte, sondern, was alles Schönes auf mich zukommen wird.
Artikel von Markus Nobs aus dem Bieler Tagblatt vom 29. Oktober 2016