Die Austauschwoche hat grossen Spass gemacht. Devin Torres (rechts unten im Bild) mit einem Teil seiner Klasse, Klassenlehrerin Christa Steubing, Lateinlehrer Hartmuth Koch und einigen der Aarberger Schülerinnen und Schülern.
Eine Schulklasse aus Marburg in Hessen (D) war kurz vor Schluss des Schuljahres für eine Woche im Seeland zu Gast. Dieser Schüleraustausch mit der Real- und Sekundarschule Aarberg hat bereits Tradition.
Die Vorfreude steht den Mädchen und Jungs, die am Sonntagnachmittag am Bahnhof in Lyss auf die Zugsankunft warten, ins Gesicht geschrieben. Endlich ist es soweit: Die Austausch-klasse mit 27 Jugendlichen aus dem hessischen Marburg wird jeden Moment eintreffen. Und als man in der Unterführung die ersten Koffer über den Asphalt rollen hört, gibt es kein Halten mehr. Vor allem die Mädchen sind es, die die Treppe hinab rennen, um ihre Kameradinnen aus Deutschland in Empfang zu nehmen.
Lehrer Martin Hagi aus Seedorf führt den Austausch mit 9. Klassen aus Marburg und Aarberg bereits seit dem Jahr 2001 durch: „Die Jugendlichen lernen ein anderes Land, eine andere Schule und die Gastgeberfamilien kennen“. Nicht zuletzt würden sie viel über die Interessen und Probleme des Nachbarlandes erfahren, weiss Hagi. Tatsächlich: Wenn man die Schülerinnen und Schüler selbst fragt, wird sofort klar, dass Respekt und Interesse dem anfänglich Fremden gegenüber in dieser Austauschwoche einen hohen Stellenwert geniessen. „Es ist eine wahre Lebensschule und ich finde diesen Austausch sehr wertvoll, weil es für beide Seiten eine Bereicherung ist“, sagt Bethli Berger aus Aarberg. Sie hat als Gastmutter gleich drei Mädchen aus Deutschland bei sich zuhause aufgenommen und kann nur Positives berichten. Klar, dass gerade drei Mädchen mehr frühmorgens in Familie Bergers Badezimmer gelegentlich schon zu Engpässen führten. Nicht zu vergessen, dass Bethli und ihr Mann Hans Berger ja auch noch zwei eigene Töchter haben, die um den Platz vor dem Spiegel kämpften. Die ältere von ihnen, Chantal, hatte den Austausch bereits vor vier Jahren selbst erlebt. Bergers jüngere Tochter Michelle, welche im August die Lehre als Mediamatikerin in Angriff nimmt, war im Vorfeld vielbeschäftigt: Beispielsweise wurden bei über dreissig Unternehmen Geschenke zusammengetragen, welche schliesslich als Preise für die verschiedenen Wettbewerbe unter den Teilnehmenden verteilt wurden. So durfte unter anderem jedes Kind aus Marburg ein Schweizer Sackmesser zur Erinnerung mit nachhause nehmen.
„Das Programm der gesamten Woche wurde durch unsere Schüler selbst erarbeitet“, so Klassenlehrerin Judith Zumstein. Und dieses durfte sich sehen lassen: Ein Sessionsbesuch im Bundeshaus und anschliessende Stadtführung in Bern, ein Ausflug aufs Rütli via Aareschlucht und Sustenpass oder sogar ein Crashkurs in Sachen Schwingen wurde den Jugendlichen aus Marburg geboten.
Wo liegt eigentlich Marburg? Devin Torres, einer der Schüler aus der Gymnasialklasse 9b, erklärt es: „Von Marburg sagt man, dass es geografisch gesehen ungefähr in der Mitte von Europa ist“. Tatsächlich: Wenn man die Landkarte betrachtet, findet man die über 80‘000 Einwohner zählende Stadt sowohl im Zentrum von Europa, als auch etwa in der Mitte von Deutschland selbst. Devin war zum ersten Mal in der Schweiz und zeigte sich von der Austauschwoche begeistert: „Alle waren sehr nett zu uns und ich bin sehr dankbar dafür, was ich hier erleben durfte“. Damit eine solche Woche überhaupt durchgeführt werden kann, brauche es auch die Unterstützung aller Eltern und der Schulleitung, so Martin Hagi. Und während dem er das sagt, ist Schulleiter Martin Heiniger hinter ihm gerade daran, mit einem Putzschwamm den Grill zu reinigen, auf welchem zuvor das Fleisch des gemeinsamen Abschlussfests vor sich hin brutzelte. Bei der Verabschiedung am Bahnhof waren es schliesslich nicht mehr nur die Mädchen, welche mit Tränen in den Augen bedauerten, dass sich zwischen die soeben entstandenen Freundschaften gerade wieder eine Distanz von rund sechshundert Kilometern dazwischendrängen wird.
Artikel aus dem Bieler Tagblatt von Markus Nobs