Mit Pauken und Trompeten feierten die Radelfinger im Jahr 2005 die erste Erwähnung Radelfingens, welche exakt 1111 Jahre zurücklag. Klar, das ist eine lange Zeit seit dem Jahr 894 nach Christus, und kaum einer konnte sich am damaligen Fest ausmalen, wie das so war, vor über tausend Jahren in Radelfingen gelebt zu haben. «Die gingen damals auf die Jagd», soviel ist für Daniel Mauerhofer sicher. Und ja: wäre dem Alt-Gemeindepräsidenten zu jener Zeit der jetzige Lapsus passiert, hätte es vermutlich schon den einen oder anderen Aarberger gegeben, der den Radelfingern die Köpfe hätte einschlagen wollen.
Aber schön der Reihe nach: Aus eben diesem 1111-Jahre-Fest blieb dem OK noch etwas Reingewinn übrig. Unter anderem wurde entschieden, damit drei Willkommenstafeln als sogenannte «Tore an der Gemeindegrenze» zu platzieren. Gesagt getan. Aufgrund der kantonalen Vorgaben war es nicht möglich, diese an die Hauptstrasse zu stellen.
So wurden drei viel befahrene oder begangene Standorte ausgewählt: einer in Landerswil, einer beim Wasserkraftwerk Niederried-Radelfingen und der dritte schliesslich am Aaredamm, eben genau dort, wo die Grenze zwischen den beiden Gemeinden Aarberg und Radelfingen verläuft. Oder eben nicht verläuft. «Dort unterlief mir der Fehler», so Mauerhofer. «Ich zeigte der Privatperson, die das Schild damals setzte, den falschen Standort. Dieser befindet sich etwa 100 Meter zu weit unten auf Aarberger Boden», so der ehemalige Gemeindepräsident, welcher heute selbst darüber staunt, dass er damals nicht gewusst habe, wo die Grenze «seiner» Gemeinde verlaufe.
«Ich habe einfach den falschen Weg erwischt», lacht Mauerhofer heute. Dazu hat er auch allen Grund. Von den Aarbergern war ihm nämlich keiner böse. «Es war niemand düpiert, denn der Irrtum wurde auch jenseits der Grenze lange Zeit nicht bemerkt», weiss Mauerhofer. Der Radelfinger Wegmeister Hans Bart sei es gewesen, der ihm schliesslich gemeldet habe, dass das Schild deutlich auf Aarberger Boden stehe. Vor Kurzem war es jetzt soweit: Die Gemeinde Radelfingen liess die Tafel nach bald einjährigem Verweilen in der Nachbarsgemeinde an den richtigen Standort versetzen.
«Zeugt von Grösse»
Und was sagt eigentlich das «offizielle Aarberg» zu dieser Geschichte? «Fehler machen und diese selber eingestehen, ohne dass der ‹Geschädigte› reklamiert hat, das gibt es noch in der heutigen Zeit», so der Aarberger Gemeindepräsident Fritz Affolter erfreut. «Chapeau vor den Verantwortlichen der Gemeinde Radelfingen, das zeugt von Grösse! Solche Gesten erneuern und festigen das gute Einvernehmen zwischen den Gemeinden Radelfingen und Aarberg.»
Er muss es wissen: Als langjähriger Fussball-Schiedsrichter ist er es sich gewohnt, dass die Verursacher eines Fouls zuerst einmal abstreiten und die Hände verwerfen.
Artikel von Markus Nobs aus dem Bieler Tagblatt und der Berner Zeitung